Wenn man mir 2014 gesagt hätte, dass mein geplanter einmaliger Aufenthalt im Kinderdorf Tani zu einer jährlichen Routine werden würde, hätte ich das niemals geglaubt. Aber tatsächlich habe ich dieses Jahr zum fünften Mal in Folge meine Sommerferien in Kambodscha verbringen können.

Für alle, die mich nicht kennen: Mein Name ist Julian Köb, ich komme aus Wien, bin inzwischen 23 Jahre alt und studiere Medizin in Budapest. 

Seit ganzen 5 Jahren begleite ich nun das Tani Projekt und unsere Kinder. In so einem Zeitraum verändert sich unglaublich vieles. Ich selbst bin in dieser Zeit in ein anderes Land gezogen, habe ein Studium begonnen und davon vergangenen Juni bereits den ersten Abschnitt abgeschlossen. Aber viel mehr und viel aufregenderes passiert im Kinderdorf: Kinder kommen in die Pubertät, schießen in die Höhe, kommen in den Stimmbruch, schließen die Schule oder sogar schon ihre Ausbildung ab. Als ich zum ersten Mal in Tani war, befanden sich noch alle Kinder im Kinderdorf – heute sind schon 9 „Kinder“ im Berufsleben und 2 davon sind sogar schon verheiratet! 

Vergangenen Sommer betreute ich unsere Kinder und begleitete sie vor allem zu verschiedenen Krankenhäuern für Untersuchungen oder Kontrolltermine. Unter anderem erstellten wir auch Krankenakten, um einen besseren Überblick über die Beschwerden unserer Kinder zu behalten und alle wichtigen Informationen für alle Mitarbeiter schnell zugänglich zu machen. Ansonsten war der tägliche Deutschunterricht für unsere stellvertretende Direktorin eine wichtige Aufgabe, um die ich mich gerne kümmerte. 

Aber neben der administrativen und organisatorischen Arbeit, die es bei so einem Projekt zu tun gibt, ist mir immernoch der nahe Kontakt zu den Kindern am allerwichtigsten. Auch wenn es auf den ersten Blick so viele Unterschiede zwischen „den Kambodschanern“ und „uns Europäern“ gibt, sind wir uns am Ende des Tages doch alle um einiges ähnlicher als man denken würde. Und gerade deshalb versuche ich immer ein offenes Ohr für unsere Kinder oder Teenager zu haben, die regelmäßig von ihrer Vergangenheit träumen, ihre verstorbenen Familienmitglieder vermissen, einen Streit mit Mitschülern haben, mit ihren Noten unzufrieden sind oder einfach Liebeskummer haben. Solange alle das Gefühl haben, dass sie mit mir zu jeder Zeit über alles, was sie beschäftigt, sprechen können, ist, denke ich, meine wichtigste Aufgabe erfüllt. 

Auch wenn der Abschied von den Arbeitern, Hausmüttern und Kindern selbstverständlich wieder traurig war, fällt er glaube ich insgesamt Jahr für Jahr etwas leichter. Einerseits gibt es inzwischen das Bewusstsein, dass es wirklich immer ein Wiedersehen gibt, und andererseits befinden wir uns sogar in Kambodscha schon im Zeitalter des Internets, wo man selbst aus 8.000 Kilometer Entfernung schnell in Echtzeit am Telefon kommunizieren kann. 

Für mich persönlich wird es über die Jahre hinweg zu einer immer größeren Herausforderung, die Zeit neben dem Studium zu finden, um für einen längeren Zeitraum im Kinderdorf auszuhelfen. Aber ich blicke optimistisch in die Zukunft und hoffe, dass es auch 2019 ein Wiedersehen geben wird. 

Julian Köb