Schon einige Male, wenn ich mit Leuten telefoniert habe, die in der Heimat geblieben sind, wurde ich gefragt, ob es bei uns denn noch Sommer sei oder wie in Österreich bereits kälter geworden wäre. Dieser Frage liegt allerdings der Irrglaube zugrunde, dass wir hier in Kambodscha, eben wie wir es aus Mitteleuropa kennen, vier Jahreszeiten haben. Da Kambodscha nur wenige Breitengrade vom Äquator entfernt und daher das Klima tropisch geprägt ist, gibt es im Jahresverlauf keine allzu großen Temperaturschwankungen. Daher kann man, wenn, nur von zwei Jahreszeiten sprechen, der Trocken- und der Regenzeit. Letztgenannte ist zwischen Mai und Oktober und findet normalerweise im September ihren Höhepunkt. Dieses Jahr scheint es etwas verschoben zu sein, sodass wir nun erst jetzt im Oktober die Phase erreicht haben, in der es täglich 1-3 Mal, beinahe ausnahmslos nachmittags, zwar kurz, dafür aber umso heftiger regnet. Teile des Kinderdorfs stehen nach so einem Starkregen auch schon einmal unter Wasser.
Der Monsun bringt zwar eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit mit sich, aber auch die Gelegenheit bei milderen Temperaturen Ausflüge in die Natur zu machen. Da die Schule für unsere Kinder erst wieder Anfang November losgeht, konnten wir samstags eben jenes angenehme Wetter nutzen und einen Ausflug zu den Bergen unternehmen.
Den Weg kannten nicht nur die Kinder, sondern auch ich bereits, da wir auch am Anfang der Ferien auf diesen Pfaden unterwegs waren. Wären da aber nicht einige markante Punkte am Wegesrand gewesen, hätte ich die Route wohl nicht erkannt, da sich die Landschaft durch den vielen Regen komplett verändert hatte. Wir wateten stellenweise durch wadenhohe Wasserlacken und die Kinder hatten ihren Spaß, wenn ich einen falschen Tritt machte und bis über die Knöchel im Schlamm versank.
Mit dem von den Hausmüttern für 30 Kinder sorgfältig verpackten Essen ausgerüstet waren wir eine Weile unterwegs, bevor wir eine Stelle fanden, die uns geeignet erschien, um unser Lager aufzuschlagen. Die mitgebrachten Speisen wurden über dem offenen Feuer zubereitet und nachdem alle ihren Teller geleert hatten, wurden Spielkarten und Lautsprecher ausgepackt.
Früher als gedacht setzte dann allerdings heftiger Regen ein, doch die Kinder sahen es nicht als Ärgernis, sondern eher als willkommene Abkühlung. Nach dem Regen machten wir uns komplett durchnässt aber nach wie vor bestens gelaunt auf den Heimweg quer durch die sattgrünen Reisfelder.
Aber auch im Kinderdorf verkriechen sich längst nicht alle Kinder bei einsetzendem Starkregen in ihren Häusern, sondern sind mit ihren Rädern unterwegs, starten auf dem komplett überfluteten Feld ein Fußballspiel oder tanzen einfach vor leuter Freude im Regen.
Manch einer nutzt die kurze Dauer des Regens aber auch um in der Hängematte zu entspannen und die Seele baumeln zu lassen.
Bei solchen Freuden macht es uns absolut nichts aus, wenn die Regenzeit noch etwas andauert und wir die letzten Tage der Ferien noch nutzen können.
Matthias Thym
Österreichischer Auslandsdiener in Kambodscha